ÖBB Geschäftsbericht 2022
65 Konzernlagebericht Europäische Wirtschaftsentwicklung Europas Wirtschaft ist im Jahr 2022 noch vergleichsweise stark gewachsen. EU-weit lag das BIP um 3,3% über dem Vorjahreswert, in der Eurozone wurde ein Plus von 3,2% verzeichnet. Verantwortlich dafür war der anhaltend starke Aufschwung im ersten Halbjahr. So betrug das BIP-Wachstum in der EU in den ersten beiden Quartalen 2022 5,6% bzw. 4,3% im Vorjahrsvergleich, in der Eurozone waren es 5,5% bzw. 4,2%. 9 Einmal mehr gingen die entscheidenden Wachstumsimpulse vom Privatkonsum und dem Dienstleistungssektor aus. Das Wachstum steht immer noch in Zusammenhang mit den Aufholeffekten infolge der coronabedingten Einschränkungen des Wirtschaftslebens, die in vielen Staaten bis ins Jahr 2022 hineinwirkten. Auch die Industrieentwicklung konnte in der ersten Jahreshälfte noch vom allgemeinen Aufschwung profitieren – trotz Ausbruch des Ukrainekrieges am 24.02.2022. Zur Jahresmitte hin begannen sich die Vorzeichen unter dem Eindruck der Kriegsfolgen und der schwächelnden US- Konjunktur jedoch auch hier einzutrüben. Im August sank der Einkaufsmanagerindex für die Eurozone erstmals seit Pandemieausbruch unter die 50-Punkte-Marke. 10 Wirtschaftsentwicklung in Kernmärkten der RCG 2020 bis 2023 (Änderungen gegenüber dem Vorjahr in % real) Bruttoinlandsprodukt Industrieproduktion 2020 2021 2022 2023 2020 2021 2022 2023 Österreich -6,5 4,6 4,7 0,3 -5,5 9,9 7,0 -2,1 Ungarn -4,5 7,1 5,5 0,1 -7,0 9,9 5,0 -0,7 Deutschland -3,7 2,6 1,9 0,1 -9,5 4,6 -0,6 -0,9 Italien -9,0 6,7 3,8 0,3 -11,0 11,7 0,7 -0,8 Rumänien -3,7 5,1 5,8 1,8 -9,5 7,4 -1,2 5,2 Tschechien -5,5 3,5 2,5 0,1 -7,0 6,2 2,1 0,0 Slowenien -4,3 8,2 6,2 0,8 -5,2 10,2 0,8 3,1 Bulgarien -4,0 7,6 3,1 1,1 -6,3 9,2 11,4 -2,4 Kroatien -8,6 13,1 6,0 1,0 -3,4 6,6 2,9 -0,6 Slowakei -3,4 3,0 1,9 0,5 -9,3 10,3 -4,9 -1,4 Polen -2,0 6,8 4,0 0,7 -2,0 14,7 10,2 -0,9 Griechenland -9,0 8,4 6,0 1,0 -1,8 9,9 2,5 -0,8 Quelle: Europäische Kommission, Oxford Economics, WIFO, IWF. Zudem war und ist die europäische Wirtschaft von den Verwerfungen auf den Energiemärkten aufgrund der großen Abhängigkeit von russischem Erdgas besonders betroffen. Die Verknappung des Gasangebotes durch Russland in Verbindung mit dem Bestreben europäischer Staaten ihre Speicher zu füllen, entwickelte eine spezielle Dynamik. Sie hat dazu geführt, dass der Preis für Erdgas in Europa im Vergleich zum Vorjahresschnitt im Jahresmittel 2022 um knapp 150% gestiegen ist. Im Vergleich zum Jahr 2020 hat er sich mit direkten Auswirkungen auf die Strompreisentwicklung in Europa sogar fast verzwölffacht. Verschärft mit direkten Effekten auf die Strompreisentwicklung in Europa wurde die Situation noch durch eine anhaltende Hitzewelle und Dürre während des Sommers, die insbesondere die Stromversorgung durch Wasserkraft, aber auch die Landwirtschaft in Zentral- und Südeuropa stark in Mitleidenschaft gezogen hat. 11 Die hohen Energiekosten führten sowohl direkt als auch indirekt über die Weitergabe im Wege der Erzeugerpreise zu einem massiven Anstieg der Verbraucherpreise. EU-weit lag die Jahresinflationsrate bei 9,3%, in der Eurozone nur knapp darunter bei 8,5%. 12 Insbesondere in energieintensiven Industriebereichen wie der Stahl-, Papier- oder Düngemittelerzeugung führten die hohen Energiekosten in ganz Europa bereits vereinzelt zu Produktionskürzungen bzw. Werkschließungen. 13 In anderen Bereichen wie der Automobil- und Maschinenbauindustrie hingegen sorgten die vollen Auftragsbücher noch über längere Zeit für positive Entwicklungen. Im vierten Quartal 2022 drehte aber auch die gesamteuropäische Industriekonjunktur endgültig ins Minus. 14 9 Eurostat. 10 Trading Economics. 11 Weltbank. 12 Europäische Kommission. 13 Handelsblatt, Kleine Zeitung, Kurier. 14 Oxford Economics. LB6 |
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