ÖBB Geschäftsbericht 2023

55 Konzern- lagebericht Energiepreise bleiben Herausforderung für den öffentlichen Verkehr Die Energiepreise waren auch im abgelaufenen Jahr eine große Herausforderung für alle im Bahnverkehr tätigen Unternehmen. Um dem Ziel der Selbstversorgung näher zu kommen und damit die Unabhängigkeit des Unternehmens auszubauen, setzten sich die ÖBB im abgelaufenen Jahr sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene dafür ein, die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Ausbau erneuerbarer Energien zu verbessern. Dafür sollen Förderungen zum Ausgleich der hohen Energiepreise auch für den Verkehrssektor zugänglich gemacht werden – analog zur energieintensiven Schwerindustrie. Im November 2023 hat die Bundesregierung mit Energiekostenzuschuss II ein neues Instrument präsentiert. Es ermöglicht auch für große Unternehmen im Verkehrssektor den Zugang zur Förderung der Mehrkosten für Strom, Erdgas und Treibstoffe. Sowohl für die Österreichische Postbus Aktiengesellschaft als auch die RCA wurden entsprechende Förderungen für das Jahr 2023 beantragt. Parallel dazu präsentierten die ÖBB ein aktualisiertes Ausbauprogramm für erneuerbare Energie. Insgesamt wird das Unternehmen bis 2030 demnach rd. 1,6 Mrd. EUR in den Bau von Wasserkraftwerken, Windkraftanlagen und Fotovoltaik investieren. So soll die Eigenproduktion von betriebsnotwendigem Strom – inklusive der Zulieferung von fixen Partnerkraftwerken – auf rd. 80% zu steigen. Das Unternehmen reagierte damit nicht nur auf die immer stärker werdende Nachfrage nach Grünstrom am Markt, sondern auch auf den perspektivisch steigenden Strombedarf durch die notwendige Ausweitung des Zugangebots. In einem anderen Unternehmensbereich der ÖBB – der Österreichischen Postbus Aktiengesellschaft – wirkten sich die Effekte der CO 2 -Bepreisung sowie die neue Kraftstoffverordnung negativ aus. Der Postbus geht durch einen steigenden Dieselpreis von Mehrkosten von rd. 40,0 Mio. EUR bis 2030 aus. Um dieser zusätzliche Belastung des ohnehin margenschwachen Busverkehrs entgegenzuwirken, arbeiteten die Mitarbeiter:innen der ÖBB im letzten Jahr daran, die Dieselpreisentwicklung in den einzelnen Verkehrsdiensteverträgen zu valorisieren. Mitarbeiter:innen gesucht! Die ÖBB suchen – wie viele andere heimische Unternehmen auch – Mitarbeiter:innen. Der Bedarf des Unternehmens wird noch zusätzlich durch einen aktuellen Generationenwandel aufgrund einer Pensionierungswelle verstärkt. Die ÖBB setzten beim Forum Alpbach 2023 dementsprechend den Themenschwerpunkt „Arbeitsmarkt”. In Stakeholder:innen- Veranstaltungen, einem Workshop sowie Diskussionsveranstaltungen wurden viele die Facetten des Fokusthemas beleuchtet und nach Lösungsansätzen gesucht. Erläutert wurden zentrale Fragen wie „Was müssen wir machen, um mehr Frauen für den Arbeitsmarkt zu mobilisieren?”, „Welche Möglichkeiten müssen wir schaffen, um ältere Kolleg:innen länger im Job zu halten?” oder „Wie können wir die Integration von nach Österreich zugewanderten Menschen verbessern?”. Selbstverständlich wurde das Forum Alpbach auch zur Rekrutierung junger Talente genutzt. Der allgemeine Arbeitskräftemangel war auch im Busunternehmen der ÖBB deutlich bemerkbar. Die zuständigen Mitarbeiter:innen setzten sich daher im abgelaufenen Jahr für moderne Arbeitszeitmodelle, die Reaktivierung von Pensionist:innen sowie die Aufnahme von Buslenker:innen auf die Mangelberufsliste ein. Zudem wurde ein Modell erarbeitet, mit dem der Beruf des Buslenkers bzw. der Buslenkerin aufgewertet werden soll. So soll eine neue Lehre angeboten und das Mindestalter von derzeit 21 auf künftig 18 Jahre abgesenkt werden. Dass im Zuge der Novelle des Kraftfahrgesetzes (41. KFG-Novelle) die Kosten für Bushaltestellenkonzessionen reduziert werden konnten, war ein weiterer Erfolg für die ÖBB. Zurück zur Mangelberufsliste: Neben den Buslenker:innen wurden 2024 sieben weitere Berufe des öffentlichen Verkehrs aufgenommen – darunter Verschieber:innen und Lokführer:innen. Das ist ein wichtiger Schritt für die ÖBB, so kann im Zuge des laufenden Generationenwandels auf ein ausreichend großes Arbeitskräftepotenzial innerhalb des Unternehmens zugegriffen werden. Nachfrage im Personenverkehr stark angestiegen – Schienengüterverkehr unter Druck Im Personenverkehr kam es im letzten Jahr zu einer enormen Steigerung der Nachfrage. Das hat teilweise zu Kapazitätsengpässen und in der Folge – für die ÖBB ungewöhnlich – zu Qualitätsproblemen geführt. Grund dafür waren eine sprunghafte Zunahme der Reisenden sowie die teilweise starken Lieferverzögerungen der bestellten Schienenfahrzeuge und Ersatzteile. Stakeholder:innen in Bund, Ländern und Gemeinden wurden in einem offenen Dialog laufend informiert, bei der kritischen Öffentlichkeit wurde um Verständnis geworben. Gänzlich anders stellt sich die Situation im Schienengüterverkehr dar, der nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa immer stärker unter Druck gerät. Die Gründe dafür reichen von den bereits angesprochen gestiegenen Energiepreisen bis zur schwächelnden Weltwirtschaft, die zu einem deutlichen Rückgang der Gesamttransportmengen geführt hat. Aus diesem Mix resultiert eine Steigerung der Faktorkosten im Schienengüterverkehr bei Überkapazitäten auf der Straße. Das hat im abgelaufenen Jahr zu einer Rückverlagerung von Transporten von der Schiene auf die Straße geführt. Ein Trend, dem die ÖBB mit einem Arbeitsschwerpunkt Güterverkehr entgegengewirkt haben. LB10 |

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